Kunstkalender Pottikonen 2023 – Februar

„Mit 496 Loopings über den Rhein-Herne Kanal“

Unter diesem Titel ziert meine kleine malerische Hommage das zweite Blatt des Oberhausener Pottikonen Kalenders. Das kleine Gemälde thematisiert die bunte und verspielt konstruierte Brückenskulpur des Künstlers Tobias Rehberger, die sich unter ihrem Namen „Slinky Springs to Fame“ längst Loop für Loop in die Herzen der lokalen Ruhries hineingeschraubt hat.

Da sich aber auch bei mir vor der Umsetzung meiner Bildidee noch einige Wissenslücken zu diesem Bauwerk auftaten, hier ein kurzer Faktencheck:
Die auch nach ihrem Entwerfer benannte „Rehberger Brücke“ wurde ein Jahr verspätet als ursprünglich geplant, im Sommer 2011 als ein Projekt der „Emscherkunst 2010“ fertiggestellt.
Architekten und Ingenieure waren das Büro Schlaich Bergermann und Partner in Zusammenarbeit mit dem Team des Architekturbüros Madako. Bauherr ist die Emschergenossenschaft mit Sitz in Essen.
Die Fußgängerbrücke ist eine Spannbandbrücke von 406 Metern Länge. Sie setzt sich aus 16 farblich unterschiedlich gestalteten Segmenten zusammen, die bei Dunkelheit sowohl von unten als auch oberseits, von in den Handläufen installierten LED Lampen beleuchtet werden können.
Auf beiden Uferseiten steigen gewundene Anstiegsrampen auf die maximale Höhe von 10 Metern über der Wasserfläche an. Über die Gesamtlänge der Brücke umspannen spiralförmig Metallringe von 5 Metern Durchmesser den als buntes Band gedachten Gehweg über den Kanal.
Bei der riesigen Spirale handelt es sich um ein leichtgewichtiges Aluminiumhohlprofil, das sehr wohl gestalterisch, jedoch statisch keine tragende Funktion besitzt. Die ziemlich ausgefuchste Konstruktion der Brücke wurde inzwischen mehrfach ausgezeichnet.

Anmutung und Titel der Brücke zitieren ein beliebtes und kultiges Kinderspielzeug, nämlich „Slinky“, eine Schraubenfeder aus Metall oder Kunststoff, die 1945 der Ingenieur Richard James erfunden hat. Bunt lackiert oder blank aus Stahl ist sie seit den sechziger Jahren bei uns auch als „Treppenläufer“ bekannt geworden und ist bis heute beliebt und weit verbreitet. Auch in unserem Kinderzimmer war ein Exemplar vertreten durch das so manche weiße Maus gehuscht ist.

Mir gefällt an dieser Brücke besonders, das sie nicht nur visuell und als ausgetüftelte Brückenkonstruktion beeindruckt, sondern auch beim Überqueren auf verschiedene Weise ein sinnliches Erlebnis bietet. Denn die Brücke lehnt sich nicht nur optisch an eine Sprungfeder an, sie schwingt und federt tatsächlich bei jedem Schritt. Verstärkt wird dieser Effekt noch durch den weichen, aus Gummigranulaten hergestellten Bodenbelag der, wie bei Tartanbahnen auf Spiel-und Sportplätzen, jeden Schritt abfedert.

Durch die perspektivische Verkürzung der Abstände der Bögen zueinander entsteht beim Durchqueren der „Spirale“ ein gewisser Tunneleffekt, der sich in den Kurven verdichtet und auf den geraden Strecke wieder streckt.

Die ständigen Formwiederholungen und Überschneidungen der Aluminiumwendel vermitteln dem Fußgänger beim Passieren zudem einen dynamischen Aspekt. Man fühlt sich beinahe wie im Inneren eines Gartenschlauches, einer Doppelhelix oder hat Assoziationen von Umlaufbahnen, fließendem Gleichstrom oder gar multiplen Dimensionsportalen. All das macht „Slinky“ aus meiner Sicht zu einer Tip Top Pottikone!

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Jörg Mazur - Kunstkalender Pottikonen 2023 Februar