Köppe

Wer behauptet, dass der Kopf das am meisten dargestellte Motiv der menschlichen Kultur ist, hat vermutlich recht. Zumindest trifft diese Hypothese dann zu, wenn ich sie auf den eigenen Reichtum an Bildern und Zeichnungen mit Köpfen beziehe.
Während mich bei der Bildhauerei die Darstellung des Kopfes jedes Mal an die Grenzen meiner Geschicklichkeit heranführt und maximale Konzentration einfordert, ist sie mir beim Zeichnen und bei der Malerei inzwischen zu einem Spiel geworden, das mir sehr viel Spaß macht.
Als Selbstporträt, Studien von Freunden oder der Familie oder völlig frei und erfunden: Köpfe stehen ganz am Anfang und sind bis heute immer wieder Teil meiner künstlerischen Tätigkeit. Hinzu kommen ganze Serien von Fotos und Selfies mit den besten Fratzen, Grimassen oder entgleisten Gesichtsausdrücken, die ich seit vielen Jahren sammle.
Karikaturen und Verfremdungen anzufertigen und die unzähligen Möglichkeiten der Reduktions- und Abstraktionsfähigkeit, die der Kopf bietet, auszureizen.
Denn in diesem Punkt ist der Kopf wirklich einzigartig, was vermutlich daran liegt, dass er permanent im Fokus gegenseitiger Betrachtung liegt, wenn wir Angesicht zu Angesicht miteinander kommunizieren. Wenn ich Kopf schreibe, dann meine ich im Besonderen das menschliche Gesicht und seinen Ausdruck. Natürlich verdient auch der Rest des Kopfes eine Betrachtung und hat seine Tücken, wie z.B. die perspektivische Verkürzung der Ohrmuschel, oder die Haare.
Spannender für unseren Alltag ist aber allemal das „Kommunikationsdreieck“, welches das Dreieck beschreibt, das sich von der Stirn oberhalb der beiden Augenbrauen bis zum Kinn erstreckt. Hier liegen auch die meisten Muskelgruppen des Gesichts, die bei der Bewegung und der Veränderung der Mimik wichtig sind.
Lange bevor wir unsere Sprache lernen, verstehen wir im Säuglingsalter bereits ganz intuitiv den Gesichtsausdruck unserer Bezugspersonen zu lesen und zu interpretieren und schließlich zu imitieren. Und das ist es wohl auch, was mich am meisten reizt, wenn es um das Malen und Zeichnen von Köpfen und Gesichtern geht.
Das Gesicht ist eben nicht nur Ausdruck unserer Individualität und Oberfläche, sondern ein aktives, nonverbales Kommunikationsorgan. Es ist zugleich ein Spiegel, in dem wir in Betrachtung unseres Gegenübers, auch über uns selbst eine Menge erfahren können.

Weiterlesen… Text einklappen…