Kunstkalender Pottikonen 2023 – April

Sterki Bleibt!

Das Kalendermotiv für April zeigt den Vorbeiflug einer Biene über die Kleeblattform des Autobahnkreuzes Oberhausen.
Eingebettet in die graue Schleife aus Asphalt und das Grün des Sterkrader Waldes, bildet das Insekt den Mittelpunkt des kleinen Gemäldes mit dem Titel „Kreuz Oberhausen aus Sicht einer Drohne“.

Es gäbe über die Bildidee, die Geschichte und die als TOTSO-Variante bezeichnete Kleeblattförmige Bauweise des Kreuzes einiges zu erzählen.
Den Text zu dieser Seite möchte ich aber ganz der Protestbewegung widmen, die sich aus der Bürgerinitiative „Dunkelschlag“ entwickelt hat und sich seit 2017 unter dem Motto „Sterki bleibt“ für den Erhalt und den Schutz des Sterkrader Waldes einsetzt.

Die Organisation und die Aktivisten dieser Bürgerbewegung genießen mittlerweile nicht nur den Respekt der Menschen vor Ort, sondern auch eine wachsende Aufmerksamkeit der medialen Berichterstattung.
Wie ich finde, beides aus gutem Grunde, denn ihr Engagement gilt dem Überleben tausender Waldbewohner und Bäume, deren Schicksal in Kürze dem geplanten Ausbau des Oberhausener Autobahnkreuzes zum Opfer fallen könnte.
Inmitten einer historischen Phase politischen Umdenkens, in der weltweit eine Wende hin zu einer nachhaltigeren, umweltschonenden und vor allem klimaneutralen Wirtschaftspolitik gefordert wird, humpelt unsere politische Vertretung ganz offensichtlich einmal mehr dem Zeitgeist hinterher.
Als Begründung der angeblich notwendigen Erweiterung der Autobahn A3 und des Oberhausener Kreuzes, werden Studien herangezogen, die das zunehmende Verkehrsaufkommen, besonders das des Güterverkehrs anführen.
An der Richtigkeit dieser Studien zweifelt wohl auch keiner, wohl aber an der politischen Logik und den daraus resultierenden Folgen für Mensch und Umwelt, die sich daraus ergeben.
Wäre es nicht nachhaltiger gedacht, den öffentlichen Nahverkehr „aufzurüsten“ und weiter auszubauen, statt Ökosysteme für noch fettere Autobahnen und Stahllawinen auf unseren Straßen zu zerstören?

Ebenso zweifelhaft wie die Logik hinter solchen Entscheidungen sehe ich auch die Borniertheit, mit der politische Vertreter selbst entgegen der Meinung von Experten, an einmal getroffenen Beschlüssen festhalten.

Dem Ausbau der asphaltierten Fahrbahnoberflächen würden allein 5000 ausgewachsene und teilweise 150 Jahre alte Bäume zum Opfer fallen, die besonders in Hinblick auf den Klimawandel für das städtische Mikroklima in Oberhausen einen wertvollen Beitrag zur Kühlung der Luft leisten.
Der Sterkrader Wald ist der zweitgrößte Wald Oberhausens. Er ist ein Buchen-Mischwald der seit vielen Jahrzehnten als Naturschutzgebiet in den Karten der Region verzeichnet ist. Trotz seiner unmittelbaren Nähe zur Autobahn, dient er vielen Tieren als Lebensraum und Rückzugsgebiet, einigen wandernden Arten auch als vorübergehender Aufenthaltsort.

Welchen Sinn und Stellenwert haben eigentlich Naturschutzgebiete noch, wenn diese in einer Zeit, in der das Artensterben täglich in den Medien Thema ist, zugunsten wirtschaftlicher Interessen weichen müssen?
Das Vorhaben des Ausbaus der A3 befindet sich seit Sommer 2020 in der sogenannten„Planfeststellung“ (ein Wort, dessen Bedeutung sich lohnt nachzuschlagen).
Kurz darauf gründete sich im Oktober desselben Jahres das „ Bündnis zum Erhalt des Sterkrader Waldes“, das verschiedene Initiativgruppen vereint, die auch über die Stadtgrenze hinaus, Bürger- und Umweltschützer zur Teilnahme an Info- und Protestaktionen einladen.

So wurde auch am vergangenen Sonntag, den 26.03.2023, trotz Wind und Wetter zu einem Waldspaziergang eingeladen, bei dem sich 300 Menschen unter ihren Regenschirmen zusammen fanden und sich bei einem gemeinsamen Rundgang durch den Wald, die Redebeiträge der Veranstalter und Gastredner anhörten. Diese kamen teilweise aus dem Umland um z.B. über ihre Erfahrungen im Kampf um den Hambacher Forst zu berichten.

300 Menschen unter ihren Regenschirmen

Was viele am Umgang mit umweltpolitischen Debatten stört, ist die große Widersprüchlichkeit zwischen dem, was uns von Politik und Medien zum Thema Klimaschutz als zielführend vermittelt wird und dem, was im realen Leben tatsächlich politisch umgesetzt wird.
Im Zweifelsfall sind es stets die wirtschaftlichen Interessen, nach denen die Entscheidungen dann getroffen werden.
Da kann man hierzulande noch so beschämt darüber sein, dass mittlerweile Kinder und Jugendliche für ihr Recht auf eine zumutbare Zukunft auf die Straße gehen, sich als „Last Generation“ bezeichnen oder mit fragwürdigen Aktionen auf sich aufmerksam machen, um wenigstens kurzfristig Erwähnung im konsumgeprägten Alltag unserer digitalen Hochkultur zu finden.

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Jörg Mazur - Knstkalender Pottikonen 2023 April