Kunstkalender Pottikonen 2023 – September

Die Emscher

das kleine Emscheridyll, das im Pottikonenkalender das Septemberblatt ziert, bringt nur in Ansätzen meine Freude darüber zum Ausdruck, dass letztes Jahr ein Großteil der Renaturierung der Emscher, die über Jahrhunderte hinweg zur Entsorgung von Haushalts,-Gewerbe- und Industrieabwässern missbraucht wurde, abgeschlossen wurde.

Den auf dem Bildmotiv dargestellten Abschnitt habe ich bei einer Fahrradtour auf der Strecke zwischen Gehölzgarten Ripshorst in Richtung Essen entdeckt und zur späteren Umsetzung mit einem Handyfoto festgehalten.

Für mich,- und wahrscheinlich für sehr viele Menschen des Ruhrgebietes, verkörpert die Emscher ungeachtet ihres einstigen Gestankes und der Bezeichnung „Köttelbach“ von Kindheit an einen ganz großen Heimatbegriff, bei dem auch eine gewisse Emotionalität mitschwingt.
Das mag daran liegen, das es etwas sehr bewegendes hat, wenn etwas über viele Jahre hinweg in seinen natürlichen Zustand zurückversetzt wird, was über Jahrhunderte seiner natürlichen Funktion beraubt war.
Die Renaturierung der Emscher wurde 1999 im Zuge der Internationalen Bauausstellung (IBA) zu einem gemeinsamen großen Ziel der Städte erklärt, durch die die Emscher fließt.
Die Umsetzung und Koordinierung des in ganz Europa einzigartigen Projektes, übernahm die Emschergenossenschaft mit Sitz in Essen.

Die Verschmutzung der Emscher besaß allerdings schon in der Mitte des 18. Jahrhunderts unerträgliche Ausmaße.

1882 verfasste eine Bürgerinitiative einen Bericht an den preußischen Landtag, der die belästigenden Umstände beschrieb:

„Der schöne, liebliche Emscherfluss von damals ist vollständig verschlammt und voller Morast, eine dunkle, chaotische, jauchige, stinkige Masse kriecht träge durch das Emscherbett dahin, und fortwährend aufsteigende Blasen verpesten mit ihren verderblichen Hauchen die Luft …“

Grund für den immer unerträglicher werdenden Gestank war die rasch angewachsene Bevölkerung, die im Zuge der Industrialisierung und dem Ausbau des Bergbaus in die Städte der Region zog, wodurch auch der Bedarf zu entsorgender Abwässer anstieg.
Die Emscher, mit fast 85 km Länge, gewann immer mehr den Charakter eines offenen Abwasserkanals, dessen Ost-West Verlauf bis in den Rhein sich die Städte der Region für ihr Abwasserproblem zunutze machten.

Der Bau unterirdischer Abwassersysteme war erst bei absehbarem Ende des Kohlebergbaus im Ruhrgebiet machbar. Zuvor war diese Lösung aufgrund drohender Einstürze durch Bergschäden nicht umsetzbar.

Es wird zwar vermutlich noch ein paar Jahre dauern, bis das Wasser der Emscher auch die letzten künstlich kanalisierten Abschnitte überwunden hat und sich in munteren Schlaufen durch ein immer grüner werdendes Ruhrgebiet von der Quelle in Holzwickede bis an den Rhein in Voerde mäandert.

Aber schon jetzt kann von einem vollen Erfolg und einem großen Zugewinn an Lebensqualität für Mensch und Umwelt gesprochen werden. Sogar die Emschergroppe, ein eher kleines Fischlein, das bereits als ausgestorben galt und nur per Zufall in einem kleinen Abschnitt der Boye in Bottrop wiederentdeckt wurde, könnte in Zukunft wieder auf ganzer Länge die Emscher beleben.

Ich sehe sie schon bildlich vor mir, mit einer kleinen Fahne in der Flosse wo drauf steht „ Ich bin wieder hier….“

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Jörg Mazur - Kunstkalender Pottikonen 2023 September